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Gefährdung des Straßenverkehrs: Freispruch vor Amtsgericht Tiergarten

Das Amtsgericht Tiergarten hat einen Mandanten des Berliner Rechtsanwalts Ehssan Khazaeli vom Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs freigesprochen. Gegen den Angeklagten war ein Strafbefehl wegen des Vorwurfs der Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315 c des Strafgesetzbuchs (StGB) über 50 Tagessätze zu je 50 Euro – also 2.500,- Euro – und ein dreimonatiges Fahrverbot – erlassen worden. Hiergegen wehrte er sich erfolgreich.

Nach § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Grob verkehrswidrig

Grob verkehrswidrig handelt, wer objektiv besonders schwer, das heiß typischerweise besonders gefährlich, gegen eine Verkehrsvorschrift verstößt. Dagegen ist der eingetretene Verletzungserfolg nicht notwendig Zeichen einer groben Verkehrswidrigkeit.

Rücksichtslos

Rücksichtslos handelt, wer sich aus eigensüchtigen Gründen über seine Pflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern hinwegsetzt oder aus Gleichgültigkeit von vornherein Bedenken gegen sein Verhalten nicht aufkommen lässt und unbekümmert drauflos fährt. Demnach wird eine konkrete Gefahr bejaht, wenn ein Schadenseintritt in so bedrohlicher Nähe gerückt ist, dass seine Vermeidung nur noch als Zufall sich darstellt.

»Beinahe-Unfall« konnte nicht angenommen werden

Dem Angeklagten war vorgeworfen worden, vergangenen Sommer in der Berliner Mohrenstraße einen Radfahrer derart eng und schnell überholt zu haben, dass dieser beinah hinfiel. Nachdem ich Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegte hatte und Akteneinsicht gewährt wurde, stellten sich einige Ungereimtheiten heraus. Zunächst hatte der Geschädigte angegeben, »touchiert« worden zu sein. Das konnte man durchaus als Berührung verstehen. In einer späteren schriftlichen Stellungnahme relativierte er das, sprach nur davon »eingeklemmt« worden zu sein. Von einer Berührung war keine Rede mehr. Auch an der Darstellung eines »Beinah-Unfall« fehlte es. Der Geschädigte schilderte nur, dass er »nur durch Glück« nicht gestürzt sei. Worin dieses Glück bestand oder wie groß es war, hatte er nicht geschildert.

Nötigung im Straßenverkehr?

Nachdem ich diese Bedenken dem Gericht gegenüber dargelegt hatte, erklärte die Staatsanwaltschaft, das Verfahren nur noch als Nötigung (§ 240 StGB) im Straßenverkehr weiterverfolgen zu wollen. Nach § 240 Abs. 1, Abs. 2 StGB wird bestraft, wer einen Menschen rechtswidrig durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung, oder Unterlassung nötigt.

Aber auch hiergegen habe ich anschließend argumentiert: Ein zu dichter Überholvorgang kann keine Nötigung im Straßenverkehr darstellen. Dem Fahrverhalten muss eine physische Zwangswirkung zukommen, weil der Bedrängte meint, sich nicht mehr anders verhalten zu können und sich dazu gezwungen sieht, Platz zu machen. Im Drängeln müsste das Drohen mit einem empfindlichen Übel liegen, nämlich mit der Fortsetzung der gefährlichen und beängstigenden Verkehrssituation, die von dem Bedrängten als Zwangslage verstanden wird.

Ich war der Auffassung, dass das alles bei einem kurzen Überholvorgang gar nicht vorliegen kann. Das Nichteinhaltung des gebotenen Sicherheitsabstandes bei einem Überholvorgang würde abschließend und erschöpfend in § 5 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO) reguliert. Eine Ordnungswidrigkeit war aber zwischenzeitlich verjährt, weswegen der Angeklagte abschließend freizusprechen war.

Gefährdung des Straßenverkehrs: Freispruch vor Amtsgericht Tiergarten

Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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