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Die Drogenplantage in der Kammer – und keiner will’s gewesen sein

An einem Wochenende rief mich eine junge Frau an. Sie hatte meine Nummer im Internet gefunden und meine als »Notfall-Nummer« bezeichnete Handynummer angerufen. Ihr Notfall lag darin, dass sie am Montag zu einer Beschuldigtenvernehmung sollte und davor Angst hatte und dringend einen Anwalt suchte. Besser gesagt, gleich einen Rechtsanwalt für ihre gesamte Wohngemeinschaft.

Wohnungsdurchsuchung wegen Shitstorm

Vergangenen Winter waren Beamte des Landeskriminalamts Berlin, Staatsschutz, zu einer Wohnungsdurchsuchung herausgerückt. Es ging um Hasskommentare im Internet und einen Shitstorm, den eine andere Mitbewohnerin ausgelöst hatte. Dazu vielleicht bald mehr. Die Kölner Ermittler hatten herausgefunden, dass hinter einem Pseudonym eine junge Dame aus Friedrichshain steckte. Zur Sicherung von Beweismitteln hatte das Amtsgericht Köln einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung erlassen. Ihre Mitbewohnerin war es, die wenige Stunden nach dem Telefonanruf in meinem Besprechungsraum saß und auf den Leipziger Platz blickte. Da die Kölner Polizisten nicht selbst rausfahren wollten, baten sie die Berliner Kollegen um Amtshilfe.

Wohnungsdurchsuchung durch Landeskriminalamt Berlin

Das Landeskriminalamt betrat morgens die Wohnung. Zu ihrem Erstaunen handelte es sich um eine Wohngemeinschaft mit vier Studenten. Bisher waren sie von einer Einzelwohnung ausgegangen. Die anderen Mitbewohner waren nicht in der Wohnung, sondern bei ihren Eltern, gemeldet. Es musste schnell disponiert werden, welche Räume überhaupt noch durchsucht werden dürfen. Man beschränkte sich auf den Flur, das Zimmer der Mitbewohnerin und eine Kammer. In einer Kammer fanden die Beamten des polizeilichen Staatsschutzes Planen, Töpfe, Lüftungsanlage, professionelle Leuchten und Kleiderständer an denen Pflanzen zur Trocknung hingen. Dem Geruch nach zu urteilen handelte es sich um Cannabis.

Cannabis-Plantage in der Wohngemeinschaft

Weil sich aber in dem Moment keiner für die Anlage verantwortlich fühlte, erklärte die Staatsschützer alle Bewohner zu Beschuldigten eines Ermittlungsverfahrens. Mit Geldstrafe oder Haftstrafe bis fünf Jahren wird nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) bestraft, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut. Alle Gegenstände wurden sichergestellt und mitgenommen. Von den vier Beschuldigten erschien niemand zu den Beschuldigtenvernehmungen. Untersuchungen an den Kleiderständern führten dazu, dass keine verwertbaren Fingerabdrücke vorhanden waren. Und so blieb für alle nur eine Strategie: Stillhalten und schweigen. Dies ging auf. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen alle ein. Zwar müssten die Pflanzen irgendwem gehören, man weiß nur eben nicht wem. 

Die Drogenplantage in der Kammer – und keiner will’s gewesen sein

Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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