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Vorwurf der Vergewaltigung: Verfahren eingestellt

John, der eigentlich anders heißt, ist 25 Jahre alt. Er lebt überwiegend in Irland. Ist er in Berlin, schläft er bei seiner Mutter in Frohnau. Vor einigen Jahren hat er bei einer Geburtstagsfeier von Freunden Katja kennengelernt. Sie ist eine 22-jährige Studentin. Mehrfach haben sich die beiden bereits in ihrer Freizeit getroffen und dabei auch einmal miteinander geschlafen. John ist an einem Frühlingsabend im Jahr 2022 wieder in Berlin unterwegs, kommt von einer Party, da schreibt ihn Katja über Instagram an. Über seine Storys hat sie mitbekommen, dass er wieder in Berlin ist. Ob er noch vorbei kommen möchte, will sie wissen. Es werde allerdings nichts laufen, stellt sie innerhalb des Chats klar – sie habe ihre Tage und habe nicht geduscht. Sie will nur chillen. John erwidert, er habe kein Geld für ein Uber. Ihre Wohnung liegt in Moabit. Rund 25 Minuten entfernt – mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu dieser Zeit unerreichbar.

„Ich zahle dir das UBER“

Der Weg mit der S-Bahn würde über eineinhalb Stunden dauern. Sie übernimmt die Fahrtkosten. Kurz nach 0.00 Uhr kommt John bei Katja an. Sie liegt schon im Bett und schaut Netflix. Sie hat einen langen Hoodie und ihren Slip an, wird er sich später erinnern. Er zieht sich seine Straßenkleidung aus und setzt sich zu ihr auf das Bett. Sie will nicht, dass er mit seiner Jeans auf dem Bett Platz nimmt. John dreht den beiden einen Joint und beide ziehen von ihm. Nach einiger Zeit versucht John Katja zu küssen. Beide küssen sich am Hals und am Ohr. Sie legt sich aufs Bett. Immer wieder muss sie ihn zurückdrängen und leicht wegdrücken – so schildert sie es später den Ermittlern des Landeskriminalamts. Schließlich befriedigt sie ihn allerdings auch oral – mehrere Minuten lang. Ob er in sie eindringt ist nicht bekannt – ab hier gehen die Darstellungen auseinander.

Vergewaltigung – Kein hinreichender Tatverdacht

Plötzlich habe sie „eine totale Panikattacke“ bekommen. Sie habe am ganzen Körper gezittert, sagt sie. Man ließ voneinander ab und einigte sich darauf, dass John nun besser geht. Einige Tage vergehen, bis sich Katja an die Polizei wendet. Sie wird beim Landeskriminalamt vernommen. Die Nacht habe sie psychisch sehr mitgenommen. Sie trinke nun täglich mindestens eine Flasche Wein. Zwischenzeitlich ist sie zu ihrer Mutter nach Polen gezogen. Im Mai 2023 erreicht John eine Vorladung des Landeskriminalamts (LKA 133) in der Keithstraße – also rund 15 Monate nach dem eigentlichen Vorfall.

„I sayed no long time before that and after that“

In einer Nachricht an John schriebt sie ihm am nächsten Tag, dass sie eigentlich keinen Sex mit ihm haben wollte. Sie habe schon von Beginn an ihre ablehnende Haltung zum Ausdruck gebracht. Der Straftatbestand des sexuellen Übergriffs (Vergewaltigung) gem. § 177 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser vornimmt. Der entgegenstehende Wille muss nach außen, aus Sicht eines objektiven Dritten, erkennbar sein und von dem Beschuldigten zumindest billigend in Kauf genommen werden. Das Opfer muss seinen entgegenstehenden Willen tatsächlich in einer Äußerungshandlung entweder ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringen. Der bloße innere Vorbehalt des Opfers ist nicht maßgeblich.

Katja führte den Ermittlern gegenüber aus, dass sie versucht habe, seine Hand mehrfach wegzustreichen. „Aus einem Versuch, eine Hand wegzustreichen, kann aber nicht zwingend auf einen entgegenstehenden Willen geschlossen werden“, wird es später in einer schriftlichen Verteidigererklärung heißen. Katja erklärte auch, vor und nach dem Geschlechtsverkehr zum Ausdruck gebracht zu haben, diesen nicht zu wollen – eben aber nicht während des Geschlechtsverkehrs. Schließlich durfte der Beschuldigte auch davon ausgehen, dass er den inneren Vorbehalt der Geschädigten überwunden hatte, nachdem diese angegeben hatte, ihn mehrere Minuten lang oral befriedigt zu haben.

Vergewaltigung: Ermittlungen nach zwei Jahren eingestellt

Rund zwei Jahre vergehen, bis John eine kurze Nachricht der Staatsanwaltschaft Berlin erhält: Das Ermittlungsverfahren wird mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt. Eine weitere Begründung enthält eine Einstellungsnachricht an den Beschuldigten nicht. In dem Einstellungsbescheid an Katja, der eine ausführliche Erklärung enthält, heißt es, dass mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht feststünde, dass es nicht zu dem Vorfall gekommen sei – nur, dass ein Gericht im Fall einer Hauptverhandlung den Täter nicht allein auf Grundlage ihrer Aussagen verurteilen könnte.

Vorwurf der Vergewaltigung: Verfahren eingestellt

Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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