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»So geht es nicht mehr weiter.« Amtsgericht weist Frau Wohnung zur alleinigen Nutzung zu

Das Amtsgericht Bernau bei Berlin* hat gegen einen 22-jährigen Mann eine Gewaltschutzanordnung erlassen. Daneben hat es ausgesprochen, dass er seiner Ex-Freundin die bis dahin gemeinsam verwendete Wohnung für die Dauer von mindestens sechs Monaten zur alleinigen Nutzung überlassen muss.

Mitte November geriet das Paar, das bereits seit drei Jahren in einer Beziehung lebt, in Streit. Es ging um das Abendessen: Während er Sahne-Schnitzel essen wollte, hatte die 22-jährige spätere Verletzte lediglich Lust auf eine Suppe. Im Laufe des Streits stieß der Mann ihr vor die Brust, wodurch sie Hämatome erlitt. Sie erklärte ihm dann, dass es so nicht mehr weitergehen könnte. Bereits in den vergangenen Jahren hatte er sie immer wieder misshandelt – sie die Verletzungen auf ihrem Smartphone dokumentiert. Statt auf ein Gespräch einzugehen, würgte er sie und sagte dabei „Ich bringe dich um“, wie es später in ihrer Versicherung an Eides statt heißt. Als sie anfing zu schreien, hielt er ihren Mund zu – zerrte sie am Arm durch das Wohnzimmer in das Schlafzimmer. Dort versuchte er sie einzuschließen. Sie wehrte sich dagegen. Als er für einen Moment von ihr abließ und offenbar auf Toilette ging, schlich sie durch das Wohnzimmer um ihr iPhone zu holen. Sie schloss sich daraufhin im Schlafzimmer ein und informierte ihre beste Freundin, dass Sie „jetzt hier sofort raus“ müsste.

„Ich muss jetzt hier sofort raus.“

Ihr Freund zündete sich währenddessen eine Shisha an und schlief offenbar anschließend ein. Die beste Freundin kam und nahm die Verletzte gemeinsam mit einigen Habseeligkeiten mit zu sich. Ihr Freund – dann wohl schon ihr Ex-Freund – schlief tief und fest während die beiden eine Tasche packten.

Gegen 23.00 Uhr muss er wach geworden sein. Sie hatte ihm zwischenzeitlich mitgeteilt, die Nacht bei einer Freundin verbringen zu wollen. Man könne sich am nächsten Tag treffen, und wie „normale Menschen“ miteinander sprechen. In WhatsApp-Sprachnachrichten forderte er sie allerdings auf, sofort wieder nach Hause zu kommen. Er sei richtig sauer und drohte damit, die beiden Wohnungs-Katzen freizulassen. Noch in der Nacht gingen die beiden Frauen zur Polizei und erstatteten Anzeigen. Außerdem sprach die Polizei Brandenburg dem Mann eine Wohnungsverweisung nach § 16a des Brandenburgischen Polizeigesetzes aus. Danach kann die Brandenburger Polizei eine Person für bis zu 10 Tage der Wohnung verweisen. Noch in der Nacht musste der ehemalige Lebensgefährte unter Begleitung zweier Polizisten seine Habseligkeiten zusammenpacken und die Wohnung verlassen. Er kam bei seiner Schwester unter.

Täter muss eigene Wohnung räumen

Zwei Tage später ging beim Amtsgericht Bernau bei Antrag ein, der auf die Anordnung von Schutzmaßnahmen und zur Wohnungsüberlassung gerichtet war. Nach § 2 des Geschwaltschutzgesetzes kann die Verletzte Person von dem Täter verlangen, dass eine bis dahin genutzte gemeinsame Wohnung ihr allein zur weiteren Verwendung überlassen wird. Ist der Täter der alleinige Mieter der Wohnung, wie hier, darf die Überlassung der Wohnung nur für sechs Monate gestattet werden.

Häusliche Gewalt: Die vier Stufen

Gewaltvolle Beziehungen lassen sich vereinfacht in vier Phasen unterteilen. In der ersten Phase überhäuft der Mann die Frau mit Liebensbekundungen. Sie wird in einen Glücksrausch versetzt, der zu einer emotionalen Abhängigkeit führen kann. Nach einiger Zeit fangen die Partner allerdings an, Grenzen zu überschreiten. Er stellt sie bloß, schüchtert sie ein. Verunsichert sie. Liest zum Beispiel ihre Nachrichten. Der Mann fängt an mit Gegenständen zu werfen, Türen zu knallen, sie wird über Tage angeschwiegen. Vieles passiert nur noch, aus Angst vor Prügeln. Viele Frauen bleiben beim Täter, um nicht als gescheitert dazustehen. „Sowas passiert nur mir“, denken sie. Oft sind es auch Kinder oder auch Haustiere, weswegen die Frauen bei den Männern bleiben. Will sich die Frau vom Mann trennen, kommt es zum so genannten „Hoovering“. Die Methoden sind vielfältig: Der Mann meldet sich ständig bei der früheren Partnerin, beschwört seine Liebe, verspricht Besserung, droht sich umzubringen, versucht Schuldgefühle zu erzeugen oder steht vor der Tür, obwohl die Frau das nicht möchte.

* Zum Schutz einzelner Verfahrensbeteiligter werden im Blog Orte, Bezirke und weitere Einzelheiten verfremdet, um Rückschlüsse zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Mandanten stimmen in der Regel der Veröffentlichung zu.

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Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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