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Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen geringe Auflage ein

Vor rund einem Jahr suchte mich ein junger Mann auf: Er habe ein echtes Problem, sagte er. Er soll als Erzieher eine Affäre mit einer jungen Frauen eingegangen sein. Alles einvernehmlich, aber dennoch nicht in Ordnung. Nach rund einem Jahr wird das Verfahren gegen Zahlung einer geringen Geldauflage eingestellt.

Valentin U. ist rund 23 Jahre alt, arbeitet als Erzieher in einer Einrichtung in der junge Menschen vom Jugendamt untergebracht werden, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen können oder wollen. Marie S. ist ein junge Mädchen. 16 Jahre alt. In der Pubertät bereits weit fortgeschritten. Valentin weiß sich nicht mehr so recht zu erinnern, doch irgendwann muss zwischen den beiden eine Art Affäre entstanden sein. Abends vor dem Fernseher kuscheln sie miteinander. Eine befreundete Erzieherin sagte, das sei noch in Ordnung. Schließlich sei die Einrichtung ein Familienersatz – Körperkontakt zwischen den Bewohnern und Erziehern sei in gewissen Maßen in Ordnung.

Marie und Valentin fangen aber an, sich zu küssen als keine anderen Mitbewohner und Mitarbeiter es mitbekamen. Über Monate soll es zu solchen Gelegenheiten gekommen sein. Am Ende sollen sie sogar fast miteinander geschlafen haben. Bevor es dazu kam, zog Valentin die Reißleine und machte Marie klar, dass das jetzt nach einigen Monaten sein Ende finden müsste. Schließlich habe er ihr gegenüber eine Aufgabe und dürfe mit ihr keine sexuelle Beziehung eingehen. Wegen eines Urlaubs hatten die beiden auch schon ihre Nummern getauscht. Sie wollen Kontakt zueinander halten.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen: Kontakte begangen bereits früh

Ein absolutes Nogo: Den Erziehern ist es nicht erlaubt, privat mit den Bewohnern in Kontakt zu treten und diesen zu halten. Sie schreiben sich nicht nur während Maries Urlaub, sondern auch als sie schon längt wieder zurück ist. Kuss- und Herzemojis werden versendet. Weil es aber schon mehrfach zu sexuellen Handlungen gekommen war, vertraut sich Valentin der Leitung des Trägervereins an. Dieser macht kurzen Prozess: Ein Aufhebungsvertrag wird zwischen den beiden vereinbart. Die zuständige Senatsverwaltung wird informiert. Valentin wird von seinem Verteidiger empfohlen, eine Selbstanzeige zu fertigen – mit Hilfe eines Strafverteidigers.

Aufhebungsvertrag zwischen Heimleitung und Erzieher

Nach § 174 Abs. 1 S. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer Person unter achtzehn Jahren die ihm zur Erziehung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist vornimmt, oder sich an den Schutzbefohlenen vornehmen lässt, bestraft. Valentin ist sehr nervös und ruft fast jeden Tag an. Dass ihm bis zu fünf Jahre Haft drohen könnten, beunruhigt ihn ersichtlich.

Die Ermittlungen der Polizei laufen an. Das Kind wird auf einer Polizeistation vernommen. Mittlerweile ist sie bei einem Verein in Mecklemburg-Vorpommern untergekommen. In der Nähe ihrer überforderten Mutter. Im Rahmen der Vernehmung gibt sie an, sie habe auch Geschlechtsverkehr mit Valentin gehabt. Valentin dementiert das in einer Stellungnahme allerdings. Das sei nie passiert. Nach rund einem Jahr sind die Ermittlungen abgeschlossen. Die Leitung des Vereins wurde vernommen, kann aber auch nicht viel zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen. Die Ermittlungsakte ist mittlerweile auf zwei Bänder gewachsen. Nichts ungewöhnliches. Rund 250 Blatt Papier.

Verfahrenseinstellung wegen geringer Schuld

Auf Vorschlag der Verteidigung wird das Strafverfahren nach § 153a Abs. 1 StPO eingestellt. Nach § 153a StPO kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Anklage zuständigen Gerichts von der Erhebung der Anklage absehen und dem Beschuldigten zugleich Auflagen auferlegen, wenn das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand hat, die Schuld des Täters nicht schwer wiegt und die Auflagen dazu geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen. Valentin soll innerhalb von sechs Monaten 500 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Er weiß, dass er einen Fehler gemacht hat, will nicht mehr als Erzieher arbeiten und beginnt eine Therapie. Sich auf eine Beziehung mit einer Schutzbefohlenen eingelassen zu haben war nicht in Ordnung. Aber auch dem Mädchen soll eine Aussage vor Gericht ersparen werden. Ihre auf Video aufgenommene Vernehmung fand bei der Polizei statt und nicht vor einem Richter. Sie darf in einem Gerichtsverfahren nicht abgespielt werden. Viele Handlungen ginge von ihr aus. Mittlerweile sind sie räumlich getrennt und halten weiterhin über iMessage und FaceTime Kontakt zu einander.

Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen: Staatsanwaltschaft stellt Verfahren gegen geringe Auflage ein

Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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