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Verfahren eingestellt -Gleitgel und Proteinriegel: Warum eine Grundschullehrerin zur Ladendiebin wurde

Das Leben von Madlen K. (28) kann als glücklich bezeichnet werden. Die junge Frau hat nach dem Abitur Deutsch und Biologie auf Lehramt studiert. Seit einigen Jahren arbeitet sie an einer Berliner Grundschule in Spandau. Sie ist Klassenlehrerin einer fünften Klasse. Sie lebt mit ihrem Freund in einer großen Altbauwohnung in Charlottenburg. Finanzielle Sorgen hat sie jedenfalls keine – weswegen es umso schwerer fällt, das nachzuvollziehen, was im Januar 2025 geschah.

Ladendetektive einer Berliner Drogerie beobachten sie mehrfach dabei, wie sie Gegenstände des täglichen Bedarfs aus ihren Verpackungen nahm und sich noch im Laden in die Jackentaschen steckte. Sie bezahlt aber auch reguläre Einkäufe, die sie auf das Kassenband legt. Unter dem Diebesgut ist ein Gleitgel, Kaugummis und Proteinriegel, Duschgel und Haarkur. Mindestens drei mal stiehlt sie in dem Geschäft, das in ihrer Nachbarschaft liegt. Beim dritten und letzten Diebstahl wird sie von den Detektiven angesprochen. Sie entschuldigt sich und ist sofort bereit eine »Bearbeitungsgebühr« in Höhe von 50,00 Euro zu zahlen.

Ladendiebstahl aus Langeweile

Die Berliner Polizei ermittelt nun wegen drei Diebstählen gegen die 1998 geborene Lehrerin. Zum Motiv wird sie später sagen, Einkaufen sei »langweilig« geworden. Sie habe einen »Kick« gesucht, dem Alltag für einen Moment entfliehen wollen, oder die »Grenzen des Möglichen« ausreizen wollen. Nun sei sie erleichtert, dass sie aufgeflogen ist. Eine ihrer größten Sorgen ist nun allerdings ein Eintrag in das Bundeszentralregister und damit auch in das erweiterte Führungszeugnis. Eine wegen Diebstahls vorbestrafte Lehrerin macht sich nicht gut.

Ladendiebstahl als „Kick“

Mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahren wird nach § 242 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) bestraft, wer einem anderen eine fremde bewegliche Sache wegnimmt. Nach § 153a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Tat wegen geringer Schuld absehen und dem Beschuldigten Auflagen erteilen. Sie sollen dazu geeignet sein, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.

Ladendiebstahls: Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage

Genau darauf zielt die Verteidigung: Madlen K. ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Ihr Auszug aus dem Bundeszentralregister weist keine Eintragungen auf. Sie zeigte gleich nachdem sie angesprochen wurde Reue, entschuldigte sich und hat die »Bearbeitungsgebühr« vor Ort bezahlt, heißt es in einem Schreiben ihres Verteidigers Ehssan Khazaeli an die Amtsanwaltschaft Berlin. Zugleich wurde ihr ein Hausverbot erteilt. Die Waren konnten – zumindest beim letzten Diebstahl – wieder in den Verkauf gelangen, so dass dem Drogeriemarkt kein Schaden entstanden ist. Soweit sie bei den anderen Diebstählen erfolgreich war, wurde der Schaden durch die Bearbeitungsgebühr kompensiert. Das Verfahren belaste sie zudem sehr, denn sie kann die Folgen für ihr berufliches Weiterkommen noch nicht abschätzen.

Die Amtsanwaltschaft Berlin stimmt der vorgeschlagenen Verfahrenseinstellung zu: Binnen zwei Monaten soll Madlen K. 500,00 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen, die Kinder in Krankenhäusern besucht. Sie stimmt sofort zu und überweist noch am selben Abend den Betrag. Damit ist das Strafverfahren gegen sie eingestellt. Ein Eintrag im Bundeszentralregister erfolgt danach nicht.

Verfahren eingestellt -Gleitgel und Proteinriegel: Warum eine Grundschullehrerin zur Ladendiebin wurde

Ehssan Khazaeli

Ehssan Khazaeli

Rechtsanwalt
Strafrecht · Medienrecht

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