Dubiose Überweisungen haben eine Berliner Firma in den Fokus von Ermittlern des Landeskriminalamts gerückt. Das Geld verschwand schließlich offenbar in Moskau. Involviert sind Menschen, die gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben machen wollen. Womöglich aus Scham. Der Versuch einer Rekonstruktion.
Es ist eine Geldwäscheverdachtsmeldung, die im April 2025 einen Stein ins Rollen bringt: Mitarbeiter einer deutschen Großbank teilen der Finanzaufsicht mit, dass seit rund sechs Monaten insgesamt 20.000 Euro auf dem Konto einer Firma eingegangen sind, die ihr Geld eigentlich damit verdient, Unterkünfte für Obdachlose zur Verfügung zu stellen. Außerdem habe eine Gemeinde aus Baden-Württemberg 15.000 Euro mit dem Verwendungszweck »Fondsanlage« an die Firma gezahlt, von wo aus das Geld direkt weitergeleitet wurde. Auf Nachfrage der Berliner Polizei erklärt die Gemeinde über einen Anwalt, die Überweisung sei ohne Genehmigung durch eine Mitarbeiterin durchgeführt worden. Sie wurde freigestellt und gekündigt. Auf Nachfrage habe sie wohl angegeben aus »privaten Gründen« gehandelt zu haben. Eine deutsche Gemeinde, die ohne jeden Nachweis 15.000 Euro überweist – es bleibt nicht die einzige dubiose Zahlung.
Außerdem landen auf dem Konto der Gesellschaft rund 4.000 Euro. Dabei weicht der Empfängername, der bei der Überweisung angegeben wurde, von dem tatsächlichen Empfänger ab. Eine Stahlfirma aus Bayern ist der Auffassung, damit die Rechnung eines Maschinenbauers zu bezahlen. Auf der Rechnung sei allerdings nachträglich die IBAN manipuliert worden. Ein Mitarbeiter hatte die Rechnung erhalten, dann aber von dem vermeintlichen Versender die Aufforderung erhalten, sie nicht zu bezahlen. Es hätte sich ein Tippfehler eingeschlichen. Die alte Rechnung solle entsorgt werden und die »neue« bezahlt werden. Dass er auf eine »täuschend echt aussehende« Rechnung hereingefallen war, war dem Angestellten nicht aufgefallen.
Auch eine ältere Dame überwies im April 2025 5.000 Euro auf das Konto der Berliner Firma. Auf Nachfrage der Berliner Polizei gab sie an, auf einen Mann hereingefallen zu sein. Sie habe die Überweisung durchgeführt »in dem Glauben, ihm helfen zu müssen«. Mehr will sie wohl aus Scham dazu nicht sagen. Im Mai 2025 soll nun das gesamte verbleibende Guthaben der Firma auf ein finnisches Konto weitergeleitet werden. Die Bank sperrt die Transaktion und bitte um eine klare Weisung durch die Financial Intelligence Unit (FIU), die beim Zoll angesiedelt ist.
Im Mai 2025 lädt die Berliner Polizei LKA 245 Olga M.* zur Vernehmung als Beschuldigte vor. Sie ist die Geschäftsführerin der Firma. Sie erscheint nicht zur Vernehmung, sondern lässt sich von ihrem Verteidiger Ehssan Khazaeli vertreten. Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft ihr leichtfertigte Geldwäsche nach § 261 Abs. 6 des Strafgesetzbuchs (StGB)vor. Wann Leichtfertigkeit vorliegt, ist immer am Einzelfall zu beurteilen und setzt voraus, dass sich die strafrechtlich-relevante Herkunft des Geldes nahezu aufdrängen muss und der Täter aus einer besonderen Gleichgültigkeit oder einer groben Unachtsamkeit handelt.
Eine ehemalige Schulfreundin hatte Olga M.* eingespannt: Wegen der Blockierung des russischen Bankensystems sei sie auf die Zusammenarbeit mit so genannten Drittpartnern angewiesen, erklärte sie Olga M. Die Zahlungen würden von Investoren für russische Fonds kommen, die wegen ihrer guten Rendite auch in Deutschland beliebt seien. Daher würde sie das Geld von Deutschland nach Finnland transferieren müssen, ließ die ehemalige Schulfreundin Olga M. glauben. Die ehemalige Schulfreundin lebt inzwischen in Moskau. Olga M. sollte 5 Prozent der Zahlungen als Provision behalten dürfen. Insoweit passte alles zu der aufgebauten Legende: Eine deutsche Gemeinde überweist mit dem Verwendungszweck »Fondsanlage« Geld – was vertrauenserweckend wirkte. Selbst nach Rechnungen erkundige sich die Firma, wurde allerdings darauf vertröstet, dass diese erst nach Ablauf das Quartals erstellt werden könnten. Das Geld müsse aber unverzüglich weitergeleitet werden, da es sich um Termingeschäfte handeln würde, wurde Olga M. und ihrer Buchhaltung gesagt.
Der Mann, dem die 82-jährige Dame 5.000 Euro überwiesen hat soll – so erzählte man es Olga M. »Manager« der Fonds sein. Das alles klang für Olga M. plausibel, weshalb sie keine Zweifel hatte. So sieht es auch die Berliner Staatsanwaltschaft schließlich: Olga M. hat nicht aus Gleichgültigkeit gehandelt. Juristen sind sich einig, dass der Begriff der »Leichtfertigkeit« im Zusammenhang mit Geldwäsche eng auszulegen ist. Er setzt die Feststellung mehrerer und eindeutiger Indizien voraus. Das heißt: Die betreffende Person, hat die sich aufdrängende Möglichkeit eine Straftat zu begehen, aus völliger Gleichgültigkeit und Ignoranz gegenüber der naheliegenden kriminellen Herkunft des Geldes außer Acht gelassen.
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